Komplett erschlagen und verzweifelt von der letzten Reise zu einem Auftrittsort rief ich meine Mutter an und beschrieb ihr das Desaster: der Fahrradanhänger ist zu klein geworden; das Fahrrad zu langsam, um an zwei aufeinander folgenden Wochenenden an zwei unterschiedlichen Orten ein Konzert spielen zu können; der Zug zu voll und zu mühsam und Mitfahrgelegenheiten zu unzuverlässig und mit zu kleinem Kofferraum für die Instrumente. Am letzten Ort hing ich drei Tage fest, ehe ich weiter kam. Sehr spontan bekam ich von meiner Mutter als nicht zu erwartende Antwort: "Such dir ein Wohnmobil, wir zahlen es dir voraus." Der Sohn des Mannes meiner Mutter war vor kurzem verstorben und hinterließ etwas Geld, mit dem mich meine Mutter und ihr Mann bei meinem Projekt unterstützen wollen. Es dauerte natürlich etwas, bis ich das geeignete Mobil fand, aber die Suche war rückblickend ganz spannend. Ich schaute mir insgesamt 4 Wohnmobile an. Bei jeder Besichtigung lernte ich etwas dazu und konnte wiederum ein paar Suchkriterien einschränken. Ich wollte ja ein winterfestes Wohnmobil mit gemütlichem Wohnraum und Heckgarage für die Instrumente. Ich fand ein Euro Mobil Profila T 590 FB. Dieses Gefährt ist seit 16.11.2019 mein neues Zuhause:
Berauscht von der bevorstehenden Freiheit, rief ich Frederik Rechsteiner an, den Schlagzeuger, den ich am Ernsteisprungfestival kennen lernte und mit dem ich, ohne dass wir vorher wirklich geprobt hätten, eine im Nachhinein von Vielen hoch gelobte Performance auf die Bühne brachte. Ich erzählte ihm vom Wohnmobil und dass ich nun endlich in die Schweiz kommen könne, um mit ihm eine kleine Tour zu machen. Er organisierte 8 Auftritte in 10 Tagen. Danach fuhren wir spontan nach Barcelona um dort zu spielen. Am Weg konnten wir einen Gig auf einer Techno Party im Les Tanneries in Dijon und einen Auftritt im besetzten Museum Acropolis organisieren. In Barcelona funktionierte es leider nicht so, wie erwünscht. Die Resonanz auf unsere E-Mails war gering. Letzten Endes spielten wir ein Mal in einem besetzten Haus. Ich war eher damit beschäftigt Parkplätze zu finden, die nicht mit zerbrochenen Autoscheiben übersät waren - fand aber nur welche mit Scherben. Insofern war ich nicht sonderlich motiviert, das Auto länger alleine stehen zu lassen. Dann kam so ein fürchterlicher Tag, an dem ich zuerst von dem speziellen Navi - extra für Wohnmobile - über eine Brücke geschickt wurde, die eigentlich zu schmal war. Folglich holte ich mir links und rechts ein paar Kratzer. Etwas später machte ich Bekanntschaft mit dem Metallarm der Waschanlage einer Tankstelle. Das hintere Dachfenster existiert seitdem nicht mehr. Die darauf folgenden Tage waren alles andere als entspannend. Der Schaden am neuen Auto wurmte mich zutiefst und außerdem konnte man nun einfach über das Loch ins Wohnmobil klettern. Ich war froh, als es wieder zurück ging. Wir schafften den Weg in zwei Tagen. Barcelona hat mich viel an Geld und Nerven gekostet. Ich hätte gehofft, durch Konzerte dort und am Weg etwas zu verdienen, aber dem war ganz und gar nicht so. Manchmal klappt es ganz einfach nicht.
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